Freitag, 10. Oktober 2014

Ian McEwan: Honig

461 S., Büchergilde Gutenberg, 19,95 €, ISBN 978-3-7632-6650-0

Bisher kannte ich die Werke von Ian McEwan nur dem Namen nach, ich war also nicht vorbelastet, als ich sein aktuelles Buch "Honig" las. Eine Agentengeschichte, geschrieben aus der Sicht der Hauptakteurin, einer Frau, die sich zwar für Literatur begeistert, aber verunsichert und ziemlich naiv durch die Welt stapft.

Man schreibt das jahr 1972. Über eine Liebesbeziehung bekommt sie eine Stelle beim MI5, dem britischen Inlandsgeheimdienst. Die Stelle hat nichts mit Spionage zu tun und unterfordert Serena. Doch irgendwann bekommt sie die Chance, ihr Literaturverständnis für ihren Staat nützlich einzusetzen.

Die Operation "Honig" soll junge, vielversprechende Schriftsteller, finanziell unterstützen und fördern. Ausgewählt werden diese nach ihrer ideologischen Festigkeit und Zuwendung zu allem Britischen. Sie müssen kritisch zum Kommunismus sein. Und Serena gelingt es auch, den ihr zugewiesenen Autor Tom Haley, von der Förderung zu überzeugen. Literarisch sei er frei, er könne sich ganz aufs Schreiben konzentrieren.

Jedoch passiert das Unkalkulierbare. Serena wird Toms Geliebte und im Laufe der Monate werden sich beide ihrer Liebe bewusst. Das ist selbstverständlich gegen die Spielregeln und als ein Vorgesetzter von Serena, der selbst in sie verliebt und inzwischen abgewiesen wurde, das spitz kriegt, setzt sich ein Teufelskreis in Gang bis zum überraschenden Ende.

Zugegeben ist die Story eine spannende, gelungene. Das Ende war nicht vorhersehbar und hat mich auch eine wenig versöhnt mit dem Buch. Jedoch blieb mir Serena die ganze Zeit fremd. Ihre Erfahrungen konnte ich nicht mir ihren Handlungen verknüpfen, trotz vieler und auch guter Umschreibungen blieb sie für mich eine Art Schatten, leblos. Vielleicht liegt es daran, dass McEwan das Kunststück wagt, als Mann in die Frauenrolle zu schlüpfen. Denn kunstvoll schreiben, das kann er. Ich mag die Sprache, die Wendungen, die Beschreibungen.

Und nicht nur Serena befremdete mich. Immer wieder fragte ich mich im Laufe des Buches: Worauf läuft die Geschichte hinaus? Wofür werden all diese Details erzählt, sind sie wichtig für den Überraschungseffekt irgendwann? Aber die meisten Schilderungen sind überhaupt nicht von Bedeutung. Sie füllen nur Lücken, sollen wohl den Fortgang der Story lebendig halten. Ein Rezensent bezeichnet das intellektuelle Gebahren des Autors sogar als Geschwafel und dem kann ich nur zustimmen. Der Mittelteil ist schwach und zieht sich und besonders gestört habe ich mich an Einschüben wie diesen: "...dann liebten wir uns (er wirkte wie ausgehungert)..." oder "... mein Gesicht an sein Hemd drückte und den vertrauten Duft von Imperial-Leather-Seife und Kirchenkerzen - Lavendelwachs - einsog...". Überhaupt verwendet McEwan gern diese Klammern, die jeder Schreibkurslehrer einem sofort streichen würde, da sie einfach unwichtig sind.

Und als Letztes konnte ich wenig mit den seitenlangen Beschreibungen von Toms Erzählungen anfangen. Geschichten in Geschichten können ihren Reiz haben, tragen sie zur Erhellung des Gesamten bei. Hier hat man wieder nur das Gefühl des Lückenfüllers, denn mir wurde dadurch nicht klarer, warum ausgerechnet Tom Haley in die Gunst des MI5 geriet.

Fazit: Leicht zu lesen, kuriose Geschichte - aber an der Umsetzung hapert es streckenweise doch gewaltig. Leider nur Durchschnittsware. Schade!

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen