Montag, 16. September 2013

Frances de Pontes Peebles: Die Schneiderin von Pernambuco

765 S., Berliner Taschenbuchverl., 13,95 €, ISBN 978-3-8333-0634-1

Lateinamerika hat schon viele Schriftsteller großartiger Romane hervorgebracht. Man denke an Isabell Allende, Gabriel García Marquez oder Mario Vargas Llosa. Von sprachlicher Opulenz und erzählerischer Tiefe sind deren Werke, sozialkritisch und familiär und immer für den Leser so, dass er aus der Geschichte nicht mehr auftauchen will.

In dieser Tradition bewegt sich auch das Debüt der gebürtigen Brasilianerin Frances de Pontes Peebles. Ein dickes Buch, welches aber auch all die Seiten braucht, um die Geschichte von Emília und Luzia dos Santos zu erzählen. 

Die beiden Schwestern wachsen ohne Eltern bei ihrer Tante auf und haben eine ärmliche, aber doch nicht unglückliche Kindheit. Beiden wird von der Tante das Schneiderhandwerk beigebracht. Während Emília von einer Welt voll moderner, gut betuchter Menschen träumt, deren sie ihre selbst geschneiderten Modelle verkauft, ist Luzia zur zynischen Einzelgängerin geworden. Seit sie als Kind von einem Baum gefallen ist und sich einen Arm gebrochen hat, der nicht wieder richtig zusammengewachsen ist, wird sie gehänselt und ist zu einem Leben als Jungfer verdammt.

Den Schwestern ist aber eines gemeinsam: die Sehnsucht nach einem anderen Leben. Für Beide wird er wahr, aber anders, als sie es sich vorgestellt haben. Emília heiratet einen Mann, den sie zwar nicht liebt und der sie nur heiratet, um in Ruhe seinen homosexuellen Neigungen nachzugehen. Jedoch lebt sie mit ihm in der Stadt und setzt sich dort für Frauenrechte ein und eröffnet sogar ein eigenes Atelier, wie sie es sich immer erträumt hat.

Luzia hingegen geht mit einem Cangaceiro, der "Der Falke" genannt wird und wird selbst bald zu einer gefürchteten Cangaceira, der "Schneiderin". Die Bande zieht durch die Lande, ist beliebt bei der armen Bevölkerung, aber gejagt von der Regierung. Nachdem der Falke stirbt, übernimmt Luzia die Führung der Gruppe und steht ihrem berüchtigten Partner in Grausamkeit nicht nach. Als sie ein Kind von ihm bekommt, weiß sie, dass sie es nicht behalten kann. Über Umwege kommt es zu ihrer Schwester Emília, die aufgrund ihrer Scheinehe selbst keine Kinder hat.

Im Laufe der Geschichte spitzt sich die Lage zu. Die Kreise um die Banditen wird enger, die Waffen gefährlicher und Emília versucht von fern, ihre Schwester zu schützen, in dem sie sie warnt. Doch leider vergeblich.

So endet dieses Epos zweier unterschiedlicher Welten, ohne dass die Schwestern sich wieder begegnen. Aber jede hat auf ihre Weise ihren Weg gefunden. Ein großartiges Buch, in das man versinkt. Beim Lesen wurden Erinnerung an "Das Geisterhaus" von Isabell Allende wach. Man kann die Dürre und die Armut fühlen, man leidet mit Emília, die in ihren selbst gewählten Konventionen gefangen scheint und man hofft bis zum Schluss, dass es für Luzia einen Ausweg gibt.

Ich hoffe, in Zukunft mehr von dieser Autorin lesen zu können. Sie ist eine würdige Nachfolgerin der vielfachen Preisträger lateinamerikanischer Literatur.

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