Sonntag, 23. Dezember 2012

Kate Atkinson: Das vergessene Kind

454 S., Büchergilde Gutenberg, 978-3-7632-6531-2

Viele Krimis folgen dem klassischen Schema, des etwas kauzigen oder zumindest ungewöhnlichen Ermittlers (oder Ermittlerin), der zu einem Fall gerufen wird und dann zu ermitteln anfängt. Private Belange spielen zwar eine Rolle, allerdings nur, um die Figur vertrauter zu gestalten.

Hier geht Atkinson andere Wege und läßt Tracy Teil der Kriminalgeschichte werden. Als ehemalige Polizistin und nun Sicherheitsmitarbeiterin in einem Einkaufscenter ist sie des Öfteren Zeuge von Kindervernachlässigung und gar Gewalt gegen Kinder geworden. So gerät sie eines Tages in die Situation, um einem Kind zu helfen, es gegen Bargeld aus den Händen der vermeintlichen Mutter freizukaufen. Doch als sie das Kind mit nach Hause nimmt, wird ihr schnell klar, dass dies nicht ohne Folgen bleiben wird. Ist die Frau, der sie das Geld gab, wirklich die Mutter von Courtney? Wie soll sie erklären, woher das Kind so plötzlich kommt?

Bald sieht sie sich verfolgt und glaubt, dies kann nur dem Kinde gelten. Und begibt sich auf die Flucht. Anfangs ohne Ziel und Plan. Dann werden die Personen, die sie suchen plötzlich mehr und ihr alter Kollege Barry warnt sie vor einem Privatdetektiv, der mehrmals nach ihr gefragt hat.

Der Leser wird aber auch in die Vergangenheit geschickt. 1975: Tracy und Barry sind noch im Dienst und werden zu einer Wohnung gerufen, in der ein Kind offensichtlich mehrere Wochen neben seiner ermordeten Mutter, einer Prostituierten, gerade so überlebt hat. Was ist aus dem Kind geworden? Warum will die zuständige Sozialarbeiterin keine Auskunft über den Verbleib des Jungen machen?

Und was haben die beiden Fälle miteinander zu tun? Wer trägt Schuld und wer hat Angst vor der Wahrheit?

Äußerst geschickt schafft es Atkinson, die verschiedenen Fäden nach und nach zusammen zu führen und erst am Ende weiß der Leser alle Details. Anfangs fiel es mir schwer, die vielen Personen und Erzählstränge zu überblicken, aber ungefähr in der Mitte des Buches ist man soweit in den Bann gezogen, dass man wissen will, wie alles zusammenhängt.

Ein wirklich gelungener und ungewöhnlicher Krimi mit sozialkritischem Touch. Lesenswert!

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