Donnerstag, 29. November 2012

Paul Auster: Mann im Dunkel

219 S., Büchergilde Gutenberg, 15,90 €, ISBN 978-3-7632-5974-8

Paul Austers "Mann im Dunkel" ist ein kleines Kabinettsstück, welches den Leser in die Vergangenheit, in die Gegenwart und in die Gedanken des ehemaligen Literaturkritikers August Brill, der krank im Rollstuhl sitzt und nachts nicht schlafen kann, bringt.

Um den Gedanken an die schrecklichen Geschehnisse rund um seine Familie zu entfliehen, denkt er sich eine Geschichte aus. Ein Mann wacht in einer Grube auf und weiß nicht, wie er hineingekommen ist. Er befreit sich, macht sich auf die Suche und erfährt, dass er sich zwar im Jahre 2007, aber in einem Bürgerkrieg befindet, die die Vereinigten Staaten untereinander führen.

Um in sein altes Leben zurückzukehren, wird er beauftragt, einen Mann zu töten. Den Mann, dem der Bürgerkrieg zu verdanken ist - August Brill. Denn nur in dessen Gedanken existiert dieser Krieg, indem soviele Menschen sterben müssen.

Soweit zum ersten Teil des Buches.

Die Nacht schreitet voran und Brills Enkelin, die ein traumatisches Ereignis hinter sich hat und seitdem im Haus ihrer Mutter wohnt, in dem auch August Brill Zuflucht gesucht hat, klopft an dessen Tür. Sie reden über vieles, über Brills Vergangenheit, seine große Liebe Sonia, ihren Tod und über die Tragödie, die alle vereint und nicht schlafen läßt.

Anfangs fand ich die Geschichte sehr skurril. Zunehmend nahm sie mich aber in den Bann. Die Idee, eine Geschichte in der Geschichte zu erzählen, gefiel mir, auch den Bogen, den diese zurück zu Brill bringt, hat etwas. Warum er diesen spannt, bleibt der Interpretation des Lesers überlassen: Selbstmordgedanken, moralische Verantwortung oder einfach nur Stilmittel? Man kann vieles daraus lesen.

In der Mitte des Buches dann der Wechsel in die Gegenwart. Der Ausgangspunkt wird wieder hergestellt, wir erfahren, von welchen Gedanken sich die Familie ablenken will, warum Großvater und Enkelin nicht schlafen können. Eine Rückkehr in das Kopfkino erwarten wir vergeblich.

Hochpolitisch ist das Buch, mit zahlreichen Anspielungen auf den Terror der Neuzeit, der auch anders hätte stattfinden können. 9/11, Irak oder Bürgerkrieg. Amerika als Ganzes ist traumatisiert. In der geschaffenen Parrallel-Traumwelt tobt sich Auster aus, um dann im Hier und Jetzt eine eigene Tragik zu erleben.

Am Ende bleibt ein Satz: "Die wunderliche Welt dreht sich weiter" und dieser Satz läßt hoffen, dass die Familie ihren Frieden macht mit ihrer Vergangenheit und alle wieder schlafen können.

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