Dienstag, 11. September 2012

Herman Koch: Sommerhaus mit Swimmingpool

345 S., Büchergilde Gutenberg, ISBN 978-3-7632-6506-0

Ich brauchte eine Weile bis ich warm wurde mit dem Roman um den Hausarzt Marc Schlosser, der wegen eines möglichen Kunstfehlers sich vor der Ärztekammer verantworten muss.

Marc Schlosser erzählt in der Ich-Form und anfangs fragte ich mich, worauf die Geschichte hinausläuft. Unsympathisch ist er mir gewesen, oberflächlich, satt und so gar nicht humanistisch, wie man sich einen Arzt wünscht und vorstellt. Er betreibt eine Privatpraxis, in der er nur noch bedeutende Personen, vor allem Künstler behandelt. So arrogant und flach seine Patienten, so abgebrüht der Arzt.

Einerseits macht er sich lustig über die Zipperlein seine Ikonen, andererseits scheint er selbst nicht besser zu sein. Er meidet den privaten Kontakt zu diesen Menschen bis er dem Temperament des Schauspielers Ralph Meiers erliegt und einer Einladung zu einem Fest folgt, der der Anfang einer Verkettung unheilvoller  Ereignisse ist.

Dass Ralph Meier das Opfer des Kunstfehlers ist, steht bereits zu Beginn fest. Aber erst als beschrieben wird, wie dieser seine Blicke über die weiblichen Begleiter gleiten läßt, ahnt man, dass das Ableben des Künstlers vielleicht noch andere Ursachen hat.

Die Geschichte nimmt Fahrt auf und am Ende konnte ich das Buch gar nicht weglegen: Die Familie Schlosser trifft im Sommer nicht ganz zufällig auf die Familie Meier. Die beiden halbwüchsigen Mädchen des Arztes freunden sich mit den Meier-Jungs an, die im passenden Alter sind. Während Caroline Schlosser sehr abgeneigt ist von der neuen Bekanntschaft ihres Mannes, ist dieser umso mehr interessiert an der Gattin des Schauspielers.

Vor Ort ist auch noch ein amerikanisches Pärchen, er Filmregisseur, sie blutjunges Modell - zu jung für diesen Mann. Man speist miteinander, man hat Spaß, Anzüglichkeiten werden ausgetauscht, mal heimlich, mal halb offen. Bis diese Stimmung eines Abends eskaliert...

Mit Fortschritt des Romans entwickelt sich Marc Schlosser vom Unsympath zu einem sorgenden Familienvater. Man versteht ihn immer mehr und fragt sich, ob man in der Situtation, in die er hineingerät, die das Leben seiner ganzen Familie für immer ändern wird, genauso handeln würde.

Ein lesenswertes Buch um die Fragen nach Moral, Menschlichkeit und deren Grenzen.

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