Donnerstag, 4. August 2011

Edward St Aubyn: Schöne Verhältnisse (Hörbuch)


Ungekürzte Lesund, Spieldauer ca. 254 Minuten, 4 CDs, gelesen von Matthias Schweighöfer, Random House Audio, Brigitte-Hörbuch-Edition "Starke Stimmen - Die Männer"

Dieses Hörbuch habe ich mir auf der letzten Buchmesse gegönnt und nun gab es auf dem Rückweg aus dem Urlaub die nötige Zeit, um es endlich mal zu hören.

Matthias Schweighöfer habe ich noch nicht als Sprecher gekannt und ich muss auch sagen, dass ich ihn sehr schwierig fand. Anfangs wirkte das Ganze so desinteressiert und monoton, dass ich vielleicht unter anderen Umständen nicht weiter gehört hätte. Mit dem Fortschreiten der Geschichte steigerte sich Schweighöfer aber und ich bin in das Hörbuch doch noch eingetaucht.

Denn diese Geschichte ist es wert, gelesen (oder besser gesagt, gehört zu werden). Voll bösem Zynismus schildert St Aubyn autobiografisch eine völlig kaputte Kindheit. Mutter Eleanor kann ihr Dasein und die Demütigungen ihres Mannes nur noch mit Alkohol und Tabletten entkommen, Vater David ist ein Sadist, wie er im Buche steht. Aus reinem Geltungsbedürfnis und dem unumstößlichen Wunsch zu den oberen 10.000 zu gehören, heiratete er Eleanor und unterwarf sie sich. Liebe spielte nie eine Rolle.

Darunter zu leiden hat natürlich Sohn Patrick und so richtig schlimm wird es für ihn im Sommerurlaub, in dem die Familie nach Südfrankreich fährt. Dort kommen noch mehr illustre Gestalten zusammen: Freunde, Bekannte, die (fast) alle völlig losgelöst von jeglicher Empathie sich gegenseitig in Boshaftigkeiten übertreffen.

Die Sprache, in der St Aubyn dieses Buch geschrieben hat, wirkt kalt, emotionslos. Er beschreibt lediglich das Geschehen und verzichtet auf jegliche Rührseligkeiten. Aber gerade das macht dieses Buch so schonungslos und erschreckend zugleich. Und auch Matthias Schweighöfer scheint dies - wenn auch spät - verstanden zu haben und liest sich so in die Geschichte, die den Hörer sprachlos zurückläßt.

Das liegt allerdings auch an einem sehr befremdlichen Ende. Man hat das Gefühl, die Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt, es müßte noch etwas kommen. Vielleicht ist dies aber auch gerade richtig - da bin ich mit mir selbst noch nicht ganz im Reinen.

Meine Empfehlung: lesen, nicht hören. So kann man noch einmal Passagen nachlesen und wirken lassen ohne durch das Hörbuch weiter getrieben zu werden.



Hörprobe

Auch als Download bei audible 

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