Samstag, 23. April 2011

John Katzenbach: Der Professor

555 S., Droemer, 19,99 €, ISBN 978-3-426-19824-7

Der Titel "Der Professor" ist wieder einmal eine nicht wirklich gelungene Übersetzung des Originaltitels "What Comes Next". Auch wenn der benannte Professor der Hauptakteur ist und auf eigenen Pfaden Ermittlungen zum Verschwinden des Mädchens Jennifer anstellt, so täuscht der Titel doch über das eigentliche Geschehen hinweg.

Whatcomesnext.com ist nämlich eine Webseite, auf der anonyme Frauen gefangen gehalten, gequält und blossgestellt werden. Jennifer, eine 17jährige Ausreisserin wird Opfer der Webseitenbetreiber. Sie wird entführt, ihr werden die Augen verbunden. Sie muss sich ausziehen, waschen und gehorsam sein. Am Ende wird sie vergewaltigt und soll "entsorgt" werden. Die ganze Zeit weiss sie nicht, wo sie ist, was mit ihr passiert und ob sie wieder frei kommt.

Mit ihrer Gefangenschaft verdient das Entführerpaar ein Haufen Geld. Sogenannte Snuff-Filme, in denen echte Morde begangen und ins Netz gestellt werden, sind selten und entsprechend teuer.

Der Professor, jetzt im Ruhestand, war in seinem Berufsleben Psychologe und hat sich mit Angstzuständen und deren Bewältigung beschäftigt. Er  leidet an einer Form von Demenz, die schnell fortschreitet. Ausserdem hört er Stimmen, er hat Halluzinationen, in der ihm seine tote Frau, sein toter Bruder und sein toter Sohn erscheinen und ihm bei der Ermittlung helfen.

Aber was bringt den Professor dazu, diesen Fall zu verfolgen? Er beobachtet zufälligerweise die Entführung und er fühlt sich verantwortlich für das Mädchen. Anfangs ist der Polizei nicht klar, dass das Mädchen in Gefahr schwebt, denn sie ist bereits des Öfteren weggelaufen und auch diesmal hatte sie entsprechende Pläne. Aber bald wird der ermittelnden Beamtin klar, dass mehr hinter dem Verschwinden des Mädchens steckt.

In dem Roman geht es nicht um die Tätersuche, sondern um die Suche nach dem Mädchen und ihre Befreiung und um die Abgründe, die sich durch das Internet für Sexualdelikte auftun. Der Professor sucht sich Hilfe bei einem Sexualstraftäter. Er läßt sich von diesem in die dunklen Ecken des Internets einführen auf der Suche nach Jennifer.

Die Grundidee hat mir gut an diesem Buch gefallen. Zum einen der Professor, der nicht mehr ganz klar bei Verstand ist und dennoch über eine hohe Kombinationsgabe verfügt, zum anderen das Motiv der Internet-Gewalt-Pornografie. Dennoch wirkt der ganze Fortgang der Geschichte konstruiert und aufgesetzt. Ich fand nicht schlüssig, wie der Verdacht aufkommt, das Mädchen im Netz zu suchen und warum am Ende sie sogar dort gefunden wurde.

Die Wahrscheinlichkeit, daß jemand solch einen Spürsinn hat, halte ich für schlicht absurd und ein logischer Aufbau fehlt in meinen Augen. Fazit: eine spannende Lektüre, bei der man die Handlungsstränge nicht allzusehr hinterfragen darf.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen