Sonntag, 9. Januar 2011

Martin Suter: Der Koch



311 S., Büchergilde Gutenberg, 18,90 €, ISBN 978-3-7632-6320-2

Endlich wieder ein Büchlein, was mir richtig Freude gemacht hat und da ich krank war, auch in einem Rutsch weggelesen habe. Auch die Ausgabe der Büchergilde Gutenberg finde ich sehr gelungen gestaltet, Leineneinbände werden immer seltener und das Cover finde ich weitaus besser als das der Originalausgabe.

Der Koch in diesem Buch heißt Maravan und ist Tamile mit Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz (aus der der Autor stammt). Sein Ausreiseantrag läuft. Für die Arbeitssuche bedeutet dies aber ein Abhängigkeitsverhältnis, Maravan darf lediglich Hilfsarbeiten verrichten, aber nicht selbständig werden, was sein größter Traum ist.

Als Tellerwäscher und Mann für alles arbeitet er beim Huwyler, einem High-Class-Restaurant. Die Finanzkrise hat dem Lokal noch nicht allzusehr zugesetzt, obwohl Stammgäste bei der Getränkewahl doch etwas zurückhaltender sind als früher. Die Arbeit befriedigt ihn nicht, aber er lernt bei den Köchen durch Beobachten. Und er lernt hier Andrea kennen, eine Kellnerin, die es nie lange an einer Arbeitsstelle aushält.

Durch eine kleine Begebenheit kommt es dazu, dass Maravan eines Tages Andrea bei sich zuhause mit einem außergewöhnlichen Mahl - einem ayurvedischen, aphrodisiakischen Menue - bekocht. Andrea ist völlig durcheinander von der nun folgenden Nacht, passt Maravan doch so gar nicht in ihr sonstiges Liebesleben.

Da beide im Nachgang dieses Diners ihren Job verlieren, sind beide arbeitslos und bei Andrea bald eine Geschäftsidee geboren: Love Foods - ein Catering für besondere Gelegenheiten. Anfangs wird eine Paartherapeutin als Auftragsvermittlerin eingebunden, doch bald gibt es die ersten Anfragen auch unseriöser Art an das boomende Unternehmen.

Derweilen beschäftigt Maravan die Lage in seiner Heimat sehr. Seine Großtante Nangay, der er seine Kochkünste verdankt, ist schwer krank und der Sohn seiner Schwester wird von der LTTE, der paramilitärischen Befreiungsorganisation rekrutiert, obwohl er erst 14 Jahre alt ist. Die LTTE ist auch im Ausland aktiv, indem sie die tamilischen Asylanten zur finanziellen Unterstützung der Organisation nötigt. So auch Maravan, der sich außerdem durch die Zahlungen verspricht, dass sein Neffe den bewaffneten Kampf nicht mitmachen muss.

Die neue Einnahmequelle ermöglicht Maravan, mehr Geld beiseite zu schaffen. Denn die Geschäftsmänner, die sich mit ihren Edel-Nutten das erotische Dinner von Love Foods schmecken lassen, bezahlen das doppelte der "therapeutischen" Auftraggeber.

Doch wen beköstigt Maravan da alles? Und welche schmutzigen Geschäfte werden hier eingefädelt? Als Maravan und seine Kollegin dahinter kommen, schmiedet Maravan einen perfiden Plan, der am Ende für ein klein wenig Gerichtigkeit sorgt.

Martin Suter gelingt es in dem Buch, die Finanzkrise, einen Dritte-Welt-Krieg, die Situation von Asylanten, eine Liebesgeschichte und die wundervolle Welt des Kochens zu einem einzigartigen Roman zu verweben. Auch wenn große Teile der Beschreibung der Zubereitung der Speisen gewidmet ist, wird der Roman nie zähflüssig oder langweilig - ganz im Gegenteil. Am Ende sind sogar sämtliche Rezepte beschrieben, für alle, die Lust aufs Experimentieren bekommen haben.

Dieser Roman ist eine echte kleine Perle und eine dicke Empfehlung von meiner Seite.


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