Mittwoch, 3. Februar 2010

Ilija Trojanow/ Juli Zeh: Angriff auf die Freiheit



157 S., 14,90 €, Büchergilde Gutenberg, ISBN 978-3-7632-6258-8

In dieser Streitschrift - wie ich sie nennen würde - beschäftigen sich Trojanow und Zeh mit der systematischen Untergrabung der demokratischen Persönlichkeitsrechte durch den (nicht nur deutschen) Staat, gerechtfertigt durch die neue "übermächtige" Terrorgefahr. "Angst sells" - wie die Autoren ganz richtig bemerken.

Am Anfang des Buches steht ein Zitat, welches den Standpunkt der Autoren aufs Beste wiedergibt:
"Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren."

Benjamin Franklin (S. 11)

Auf sehr eindrückliche Weise wird dem Leser vor Augen geführt, welche Beschneidungen der Persönlichkeitsrechte wir seit den Anschlägen des 11. September bereits stillschweigend hingenommen haben, immer unter der Prämisse, daß der Staat uns doch nur beschützen will vor dem großen Bösen.

Wie irreal diese Bedrohung ist im Verhältnis zu anderen viel Realeren wird ebenso dargelegt, wie die sehr fragliche Auslegung des Begriffes der Prävention. Maßnahmen, die ergriffen werden, um die unwahrscheinlichen Fälle der Fälle ohne konkreten Verdachtsmoment zu verhindern, lassen an der gut gemeinten Absicht des Staates zweifeln.
"Sicherheitsstrategien, die auf Prävention statt auf Strafverfolgung gerichtet sind, leiden an einem Geburtsfehler: Sie sind ihrem Wesen nach schwer mit rechtsstaatlichen Prinzipien wie der Unschuldsvermutung, dem Gleichbehandlunsgrundsatz oder den Diskriminierungsverboten vereinbar." (S. 65)

Die Angst wird jedoch nicht nur durch den Staat geschürt. Wie sehr sich die Medien, die doch so unabhängig sein sollten, nur allzu gerne vor den Karren der Panikmache spannen lassen, scheint zu verwundern. Doch nicht erst durch dieses Buch sollte aufmerksamen Mediennutzern solch eine Berichterstattung aufgefallen sein. Der "Spiegel", einst linkes Vorzeigeblatt, ist hier leider ein großer Vorreiter (Aufzählung entsprechender Artikel als Quellenangabe im Buch S. 145).

Jeder, der dieses Werk zur Hand nimmt, wird sich mehr oder weniger in der Anklage wiederfinden. Wir sind zu gutgläubig und haben uns einlullen lassen, weil jeder nicht mehr das große Ganze sieht, sondern der Meinung ist: ich hab doch nichts zu verbergen. Am meisten hat mich aber folgender Satz überzeugt, der vielleicht noch eher die Essenz dieser Schrift ist, als das Zitat am Anfang:
"Wenn es tatsächlich unser freiheitliches Selbstverständnis ist, von dem sich Terroristen provoziert fühlen, dann agiert jeder, der diese Freiheit den Terroristen zuliebe beschränken will, geradzu in Beihilfe." (S. 39)


2 Kommentare:

  1. ...also empfehlenswert?

    Zeh war letzten mit diesem Buch in meiner Stadt zur Lesung und ich konnte nicht hin =(

    AntwortenLöschen
  2. Auf jeden Fall empfehlenswert. Regt doch sehr zum Nachdenken an - auch über sich selbst. Ein interessantes Fernseh-Interview gab es mit Peter Voß auf auf 3Sat:
    http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=16202

    AntwortenLöschen