Sonntag, 13. September 2009

Juli Zeh: Schilf



384 S., 9,00 €, btb, ISBN 3442738067


Von Juli Zeh habe ich schon zwei Bücher gelesen, "Adler und Engel", welches ich etwas seltsam fand und nicht so richtig warm damit wurde sowie "Spieltrieb", von dem ich sehr begeistert war.

Die Geschichten, die Juli Zeh uns erzählt, sind immer sehr skurril, die Charaktere äußerst ungewöhnlich, auch wenn wir uns immer ein Stück darin wiederfinden. So auch in "Schilf". Schilf heißt der Kommissar, der die Entführung eines kleinen Jungen aufzuklären hat. Gleichzeitig gibt es einen Mordfall, dessen Opfer ein Mediziner ist, der wiederum in einen Pharmaskandal verwickelt zu sein scheint. Hängt dies alles miteinander zusammen?

Der Roman beginnt aber eigentlich ganz anders. Wir werden in die Freundschaft zwischen zwei Physikern eingeführt, die gerade einen Streit über die "Viele-Welten-Theorie" des einen der beiden - Sebastian - austragen. Dies geschieht nicht nur privat, sonder sehr bald auch öffentlich. Sebastian wird von seinem langjährigen Freund Oskar in einer Fernsehsendung gedemütigt, was weitläufige Folgen hat, jedoch ganz anders, als man jetzt denken mag.

Ein paar Tage später wird Sebastian erpresst. Sein Sohn Liam ist entführt worden und um ihn wiederzubekommen, muss Sebastian einen Mord begehen. Doch welchen Sinn ergibt diese Tat wirklich?

Da ich die Spannung nicht nehmen möchte, sei zur Handlung nicht viel mehr gesagt. Dass die beiden Physiker, der Sohn von Sebastian, sowie der Kommissar mit seiner Mitarbeiterin Rita irgendetwas miteinander zu tun haben werden, ist nun ohnehin klar. Wer jedoch welche Rolle in diesem Plot spielt und vor allem, welche Gründe sich wirklich hinter dem Mord verbergen, ist allemal die Lektüre wert.

Die Spannung des Romans wird nicht durch die Suche nach dem Täter erzeugt, denn der Mord wird ohne Geheimniskrämerei dem Leser schnell erzählt. Interessanter ist vielmehr, wer die Fäden im Hintergrund spielt und die Tat durch diese Erpressung hervorruft.

Schilf läßt sich nicht durch reine Fakten bei den Ermittlungen leiten. Er ist ein totkranker Mann und folgt nur noch seinem Bauchgefühl, welches ihn am Ende auch zu den richtigen Schlüssen führt.

Hervorzuheben ist nun noch die Sprache von Juli Zeh. Sie versteht es über die Maßen hinaus, Beziehungsgeflechte und Charaktere zu beschreiben, Theorien vor dem Leser auszubreiten und mit großer Finesse die Geschichte zu leiten. Für mich ist dies wirklich wahre Kunst. Juli Zeh ist ein sehr großes schriftstellerisches Talent, ich werde sicher noch viele ihrer Bücher lesen und kann nur hoffen, daß ihr diese ungewöhnlichen Ideen nicht ausgehen und ihre Sprache die fesselnde Kraft behält, die mich in den Bann zieht.

Freitag, 4. September 2009

Margaret Atwood: Die eßbare Frau


348 S., 9,00 €, btb, ISBN 3-442-72735-9

Im Urlaub hatte ich bereits dieses Buch angefangen. Ausgeborgt von meinen Eltern stellte ich allerdings schnell fest, daß ich das Buch bereits schon gelesen hatte. Mir gefiel es auch beim zweiten Lesen sehr gut.

Das Buch wurde bereits 1965 geschrieben und obwohl einige Stellen doch etwas angestaubt wirken, merkt man sonst kaum, daß das Thema schon 40 Jahre auf dem Buckel hat, so aktuell liest es sich.

Marian McAlpin ist eine junge Frau mit einer soliden Anstellung. Seit ein paar Monaten ist sie mit Peter liiert, der allerdings wenig Ambitionen zum Heiraten hat. Marian führt mit ihrer Mitbewohnerin Ainsley eine etwas seltsame Wohngemeinschaft. Ainsley hat für damalige Zeiten recht unmoralische Ansichten. Sex nach der Ehe ist ihr fremd. Irgendwann möchte sie aber ein Kind, jedoch keinen Vater dazu.

Marian selbst ist konventioneller. Eine sichere Basis weiß sie zu schätzen und als Peter ihr wider Erwarten einen Heiratsantrag macht, weil inzwischen alle seine alten Freunde verheirat sind, nimmt sie diesen an und läßt Peter die Hochzeit planen. Ab diesem Zeitpunkt wirkt Marian immer passiver. Peter ist derjenige, der die Fäden in der Hand hält.

Nur ein gewisser Duncan, der in seiner eigenen, verschlossenen Welt lebt, übt auf Marian eine große Anziehungskraft aus. Erst taucht er immer wieder in ihrer Nähe auf und scheint seine Spielchen mit ihr zu spielen. Bald flüchtet Marian selbst immer öfter zu ihm.

Sie kann sich ihr eigenes Handeln nicht erklären und eines Tages bemerkt sie während eines Abendessens mit Peter, daß sie kein Steak mehr essen kann. Ihr Magen verweigert sich. So nach und nach kommen immer mehr Lebensmittel hinzu, die Marians Körper nicht mehr verträgt. Es wird zunehmend schwieriger, die "Abnormität" vor anderen zu verbergen. Und dann fühlt sie sich zu allem Unglück bald selbst verzehrt.

Zum Schlüsselerlebnis wird eine Party, auf der Peter sie Freunden vorstellen will. Sie endet im Desaster und verschafft Marian ein neues Leben.

Mit einer doch recht absurden Parabel wird hier die Zerrissenheit zwischen Unabhängigkeit auf der einen und Frembestimmung auf der anderen Seite sehr treffend dargestellt. Dazwischen steht das Bedürfnis nach Sicherheit, Geborgenheit, Liebe und Anpassung. Ich finde die Idee der "eßbaren Frau" sehr treffend und originell und kann dieses Buch auch allen modernen, aufgeklärten Frauen empfehlen.